Neonrot und dunkelblau auf weiß – so präsentiert sich die studentische Festschrift zum Campus-Festival 2018 und lässt sofort erkennen: Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Seminararbeit. Für diese Publikation sind Studierende des Bachelor-Studiengangs Literatur–Kunst–Medien (LKM) zwischen Absperrgittern und Quallen-Lampions auf Stimmenfang gegangen, haben sich zum Cloud Rap-Olymp aufgeschwungen und gelernt, was es heißt, Besucherflüsse zu optimieren.
Die Studierenden sprachen mit den Musikerinnen und Musikern, befragten Besucherinnen und Besucher und blickten den vielen studentischen Helferinnen und Helfern bei ihrer Arbeit über die Schulter. „Der Studiengang LKM hat einen starken Fokus auf die theoretischen Diskurse in Literatur-, Kunst- und Medienwissenschaften. Deshalb wollte ich ein Angebot schaffen, bei dem die Studierenden ‚ins Feld‘ gehen können – also mit Notizblock, Stift und Kamera auf Menschen zugehen, Fragen stellen, schreiben, redigieren“, so Seminarleiter Urs Humpenöder zur Genese des Projektes.
Urs Humpenöder ist Lehrbeauftragter und Doktorand am Fachbereich Literatur, Kunst- und Medienwissenschaften der Universität Konstanz. Seine Dissertation zu Möglichkeiten der Kritik an digitalen Kulturen wird von Prof. Dr. Beate Ochsner und Prof. Dr. Bernd Stiegler betreut. Vor der Promotion studierte er Kultur-, Literatur- und Medienwissenschaften sowie Journalistik in Dortmund, Hildesheim, Konstanz und Leipzig. Humpenöder ist freier Mitarbeiter bei der Südwest Presse und als freier Journalist für die dpa (Deutsche Presse Agentur) tätig.
Dies ist ihm geglückt, wie Lara Kiolbassa, LKM-Studierende im fünften Semester erzählt: „An diesem Projektseminar hat mir besonders gut gefallen, dass wir stark selbstständig arbeiten und unsere eigenen Ideen einbringen konnten. Dieses besondere Element des ausprobieren Dürfens und ausprobieren Könnens war von Anfang an stark involviert.“ Gemeinsam mit ihrem Kommilitonen Lukas Lautenschlager befragte sie für die Festschrift den Vertreter der Verfassten Studierendenschaft und seinen Stellvertreter zur Zukunft des Campus Festivals und berichtete über die Arbeit der studentischen Helferinnen und Helfer.
Auch Lukas Lautenschlager, der mittlerweile Soziologie und deutsche Literatur studiert, ist begeistert: „Wir konnten nicht nur umsonst das Festival besuchen, sondern hatten auch Zugang zum Backstage-Bereich. Es gab so viele unterschiedliche Aspekte, die abgedeckt werden mussten, und doch kam am Ende ein gemeinsam verwirklichtes Produkt heraus, das sich vorzeigen lässt.“
Herausgekommen ist tatsächlich eine ungewöhnliche Arbeit, die durch ihre frische Herangehensweise und markante Optik besticht und dabei verschiedene journalistische Darstellungsformen und Perspektiven auf das Campus Festival geschickt miteinander verknüpft.
... Xhavit Hyseni wartet.
Mit ihm warten drei Polizisten, ein Sanitäter, der Chef einer Sicherheitsfirma, mehrere Mitarbeiter der Universität. Die Männer warten unterhalb des Parkplatzes Nord, dort, wo am nächsten Tag das Campus Festival stattfinden soll.
Sie warten auf Christine Barth, stellvertretende Abteilungsleiterin für Gewerbe und öffentliche Sicherheit bei der Stadt Konstanz. Sie ist es, die letztlich entscheidet, ob das Campus Festival zum vierten Mal stattfinden kann.
Von ihrem Okay hängt alles ab.
Xhavit und sein Team sind vorbereitet. ....
Dabei war es aus verschiedenen Gründen gar nicht so einfach, ein solches Projekt auf die Beine zu stellen. Seitens des Fachbereichs habe er jedoch außergewöhnliche Unterstützung erfahren, erzählt Urs Humpenöder: „Die Betreuerin meiner Doktorarbeit, Prof. Dr. Beate Ochsner, hat mich in meinem Vorhaben sehr, sehr gut unterstützt.
Sie war von der Idee überzeugt und unterstützt generell Seminare, die vom konventionellen Lehrplan abweichen. So bleibt für uns Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler mehr Spielraum für Experimente. Davon profitieren hoffentlich auch die Studierenden.“
„So bleibt für uns Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler mehr Spielraum für Experimente. Davon profitieren hoffentlich auch die Studierenden.“
Mit Herausforderungen etwa aufgrund spontan abgesagter Interviewtermine war nicht nur die Organisation während des Festivals verbunden. „Auch die Umsetzung der Beiträge zu einem schön gestalteten, gedruckten Heft hat längere Zeit in Anspruch genommen“, erzählt Humpenöder. Vor allem, weil es galt, entsprechende Finanzierung für den Druck und die grafische Gestaltung einzuwerben. Gefördert und in seiner heutigen Form ermöglicht wurde die Arbeit letztlich durch das Projekt Transfer in der Lehre der Universität Konstanz.
Warum sie ausgerechnet dieses Projekt gefördert habe, fragen wir Sybille Mühleisen, Koordinatorin für Transferaktivitäten in der Lehre an der Universität Konstanz: „Zum einen ist das Campus-Festival natürlich ein studentisch organisiertes Event. Wir sehen es grundsätzlich sehr gerne, wenn Initiativen von Studierenden ausgehen“, so Mühleisen. „Die Art und Weise, wie die Festschrift zudem die Erprobung journalistischen Arbeitens ermöglicht, fällt genau in unser Transferverständnis. Obwohl wir die Nachhaltigkeit natürlich immer im Auge haben, haben wir uns in diesem Fall deshalb auch dazu entschieden, den Druck der Broschüre zu unterstützen.“
Die Universität Konstanz bietet Lehrenden und Studierenden, die Projekte zwischen akademischen und außerakademischen Institutionen und Personen durchführen möchten, seit Januar 2017 Unterstützung bei der Konzeption, Organisation, Finanzierung und Durchführung an. Sibylle Mühleisen und Dr. Albert Kümmel-Schnur helfen bei der Entwicklung solcher Projekte, begleiten Anträge und synchronisieren Produktionsrhythmen und Kommunikationsgewohnheiten.
Damit schaffen sie einen Mehrwehrt für alle Beteiligten: Studierende kommen mit praktischen Anwendungen des universitär gelernten Wissens in Berührung. Lehrende erschließen sich neue Felder und generieren auch für ihre Forschung neue Fragestellungen. Externe Partner profitieren von der Kreativität und Neugier der Studierenden und können gemeinsam mit Lehrenden neue Perspektiven auf ihre eigenen Arbeitsbereiche gewinnen. Sybille Mühleisen erklärt uns die Vorteile so: „Beim Transfer in der Lehre geht es um die Lust am Experimentieren, darum, die Routine hinter sich zu lassen.
Die transferorientierte Lehre ist eine andere Form des Lehrens, ein Experimentierraum, der es ermöglicht, Forschung, Lehre und Transfer zusammen zu denken. Diese drei Aktivitäten laufen in unserem Verständnis nicht nebeneinander her, sondern inspirieren sich gegenseitig. Das ist das Spannende daran.“
Unter den beteiligten Studierenden ist die Meinung zum Projekt durchweg positiv. Für Emily Vöckler, die LKM im sechsten Semester studiert und für den Beitrag die Bands Moop Mama und Leoniden interviewte, lag der besondere Reiz des Projektes darin, die alleinige Verantwortung für einen Beitrag zu tragen: „So frei in seinen Entscheidungen zu sein ist aufregend. […] Aber die Erfahrung hat mir gezeigt, dass man vor Verantwortung keine Angst haben muss. Wenn einem ein Projekt wirklich Spaß macht, dann möchte man die Verantwortung tragen und selbst entscheiden, was daraus wird.“
Damit bestätigt sie Sibylle Mühleisens Einschätzung zur transferorientierten Lehre. Ihrer Erfahrung nach erhalten die Studierenden durch die Arbeit außerhalb des Seminarraumes eine ganz andere Selbstwirksamkeit in Bezug auf ihr Studienfach: „Der damit verbundene Erkenntnisgewinn ist nicht mehr nur theorieabgeleitet, sondern wird tatsächlich in der Praxis erprobt.“ Darüber, wie sie den Prozess und die eigentliche Arbeit während des Campus-Festivals wahrgenommen haben, berichten Emily Vöckler, Lara Kiolbassa und Lukas Lautenschlager im Videobeitrag.
Ob er selbst als Lehrperson auch etwas dazugelernt habe, fragen wir Urs Humpenöder abschließend. Durchaus: „Die Organisation des Seminars war – zugegebenermaßen – ein wenig chaotisch. Zu Beginn des Sommersemesters war noch nicht klar, ob die Studierenden vom Campusfestival würden berichten können. Ich hatte Xhavit Hyseni, einer der Organisatoren des Festivals, angeschrieben und öfter mit ihm telefoniert. Er war von der Idee überzeugt, konnte aber zunächst nicht zusagen.
Erst bei der zweiten Seminarsitzung war klar, dass es klappen würde.“ Auch ein klarerer Rahmen im Seminar hätte vielleicht geholfen, so Humpenöder. „Aber mir war wichtig, dass die Studierenden ihre Themen frei wählen konnten.“ Gelegenheit zur weiteren Optimierung gibt es schon bald: Urs Humpenöder hat sein Seminar zwischenzeitlich weiterentwickelt und wird es im Sommersemester erneut anbieten – diesmal mit alleinigem Fokus auf das Campus-Festival und als Schlüsselqualifikation, so wie bereits in der Konzeption angedacht. Das bedeutet, dass es künftig allen Interessierten offensteht, nicht nur den Studierenden des Bachelorstudiengangs LKM.
Auch eine Wiederauflage der Festschrift ist geplant.
VERANSTALTUNGSHINWEIS CAMPUS FESTIVAL 2019:
Das Campus-Festival 2019 wird am 31. Mai und 1. Juni 2019 im Uni-Wald stattfinden. Auf dem Programm stehen Künstlerinnen und Künstler wie RIN, OK Kid, MEUTE, Fil Bo Riva, Laing, Amilli, Mavi Phoenix, BLOND, Heimlich Knüller, Giorgia Angiuli, Monkey Safari u.v.m. Weitere Informationen zum Festival und den Tickets gibt es hier: https://campusfestival-kn.de/.
Copyright der verwendeten Bilder:
Header-Foto: Campus Festival
Foto S. 3 von Urs Humpenöder: Kornelius Friz
Foto S. 6: Campus Festival
Fotos der Bildergalerie:
1. Campus Festival
2. Campus Festival
3. Janina Weiss
4. Katharina Binder
5. Campus Festival