Auf Spurensuche bis in die Eiszeiten
Wissenschaftliche Forschung hat viele Gesichter. Für ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wird sie zur Reise in die Tiefen des Bodensees und die entfernte Vergangenheit: Wie sah das Leben im und am Bodensee während und seit der vergangenen Eiszeit aus? Welche Lebensgemeinschaften lassen sich anhand des in den Sedimentablagerungen des Seebodens verbliebenen genetischen Materials identifizieren? Was verraten diese Rückstände über die Auswirkungen früherer Klimaveränderungen auf lokale Arten und Populationen? Und welche Mikroorganismen-Gemeinschaften sind in solch alten Sedimentschichten bis heute noch aktiv geblieben?
Diesen Fragen gehen die beiden Konstanzer Biologen Prof. Dr. Laura Epp vom Limnologischen Institut und PD Dr. David Schleheck vom Fachbereich Biologie der Universität Konstanz im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts von GeologInnen und GeochemikerInnen nach, das von Prof. Dr. Antje Schwalb, Institut für Geosysteme und Bioindikation an der Technischen Universität Braunschweig, geleitet wird. Ermöglicht wird ihre Arbeit durch den Einsatz des weltweit neuen und eigens dafür entwickelten Beprobungssystems „Direct Push“, das in gut 200 Metern Wassertiefe bis zu 100 Meter tief in das Sediment des Seebettes vordringen kann, um dort Kerne zu entnehmen und daran geologische, geochemische und biologische Analysen durchzuführen. Ziel des Projekts ist, die Klima- und Umweltgeschichte in der Bodenseeregion sowie deren Auswirkungen auf das Ökosystem des Bodensees zu rekonstruieren.
„Direct Push“ wird von einer sechs Mal acht Meter großen Plattform aus betrieben, die auf dem Bodensee etwa zwei Kilometer südlich vor Hagnau verankert wird. Das System besteht aus einem Kolbenkernrohr, das von einem sogenannten Imlochhammer betrieben wird, einer Weiterentwicklung aus dem Berg- und Spezialtiefbau. Die Entnahme der Sedimentkerne selbst findet dadurch sehr schonend und unter Erhaltung der feinen Sedimentschichtung im Seegrund statt. „Direct Push“ wurde gemeinsam von der Technischen Universität Braunschweig und der Hochschule Bochum mit Unterstützung des Deutschen Forschungsbohrkonsortiums GESEP e.V. beantragt und zwischen 2016 und 2018 mit 1,1 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Gebaut wurde es von der österreichischen Firma UWITEC. Weitere Projektpartner sind das Institut für Seenforschung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum, das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik in Hannover, das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde und die Universität Bern.
Da die „Direct Push“-Plattform sich aufgrund ihrer geringen Größe in nur wenigen Containern transportieren lässt und ohne Kräne aufgestellt werden kann, kann sie nach erfolgreichen Tests auf dem Bodensee auch in schwer zugänglichen Gegenden weltweit für andere nationale und internationale Forschungsvorhaben zur Verfügung stehen. Das Projekt soll zum 1. Juli 2019 abgeschlossen werden.
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