Ziel 14: Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen


Für den Zustand unserer Weltmeere sind Korallenriffe in gewisser Weise die „Kanarienvögel in der Kohlemine“: Sie sind eines der ersten Ökosysteme, anhand derer wir die Auswirkungen des Klimawandels beobachten können. 

Gegenwärtig findet ein klimabedingtes Massensterben von Korallen direkt vor unseren Augen statt. Den Korallen gelingt es nicht, sich an die Erwärmung der Meere anzupassen, mit für sie tödlicher Folge. Im Pazifik dokumentieren wir derzeit meilenweite „Korallenfriedhöfe“. Weniger als die Hälfte des weltweiten Korallenbestandes ist noch in gutem Zustand. Ein Drittel wurde bereits unwiederbringlich zerstört. Bis zum nächsten Jahrhundert werden 99 Prozent der Korallen ausgestorben sein, sofern wir sie nicht aktiv schützen können. 

Dieses Aussterben der Korallen hat massive Konsequenzen für das marine Ökosystem: Die Korallenriffe sind die Heimat von rund einem Drittel der Lebensarten der Weltmeere. Sie spielen für die Ozeane eine vergleichbare Rolle wie die Regenwälder für das Festland. Der Verlust der Korallen wird einen Dominoeffekt für Millionen von Arten auslösen und auch Folgen für weitere Ökosysteme des Planeten haben.

In einer zweijährigen Forschungsexpedition im Pazifik, der Tara Pacific Expedition, untersuchten wir in Zusammenarbeit mit 70 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus acht Ländern die Lebens- und Überlebensbedingungen von Korallen. 40.000 Proben von Korallen sowie allen Arten und Mikroorganismen, mit denen sie im Austausch stehen, wurden im Rahmen des Großprojekts genommen. Nun werten wir die Proben aus – mit dem Ziel, einen Weg zu finden, wie Korallen über das nächste Jahrhundert hinweg erhalten werden können.

Ein Schlüssel könnte in der genetischen Adaptionsfähigkeit der Korallen durch flexible Assoziation mit Mikroorganismen und deren genetischem Material liegen. Durch das Knüpfen neuer Gemeinschaften mit anderen Mikroorganismen könnten Korallen ihr genetisches Repertoire und damit ihre Anpassungsfähigkeit erweitern, vergleichbar mit einem „hardware und software update“. Wir arbeiten an den Mechanismen, die dem zugrunde liegen, und untersuchen, wie wir sie beeinflussen können.

Die Rettung der Korallenriffe ist für uns ein Prüfstein im Umgang mit dem Klimawandel. Wenn wir es schaffen, die Korallenriffe zu retten, dann bin ich zuversichtlich, dass wir auch die weiteren Ökosysteme unseres Planeten retten können.

Prof. Dr. Christian Voolstra ist Professor für Genetische Adaption in aquatischen Systemen an der Universität Konstanz. Er erforscht den Einfluss von Klimawandel auf die Anpassung von Korallen und anderen sogenannten Metaorganismen durch die Integration ökologischer, evolutionärer und genomischer Ansätze und fokussiert auf Struktur, Funktion und Wechselwirkung beteiligter Organismen (insbesondere zwischen Wirt und Mikoorganismen). Christian Voolstra ist Mit-Koordinator der „Tara Pacific Expedition“, einer internationalen wissenschaftlichen Schiffsexpedition von 2016 bis 2018 mit dem Ziel, die Lebens- und Überlebensbedingungen von Korallen im Pazifik zu erforschen.
 


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