Ziel 16: Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
Mit meiner Forschung möchte ich einen Beitrag dazu leisten, die Gewalt auf der Welt zu reduzieren. Dabei ist es mir besonders wichtig, Gewalt gegen Kinder zu beenden – eines der wenigen Nullziele der Vereinten Nationen. Meine Arbeitsgruppe forscht sehr intensiv sowohl zu Gewalt, die Kindern in der Familie widerfährt, als auch zu Gewalt, die in der Schule gegen Kinder ausgeübt wird. Gewalt gegen Kinder hat lebenslange Konsequenzen: Kinder, die von ihren Eltern geschlagen werden, entwickeln sich langsamer, erbringen schlechtere Schulleistungen oder brechen die Schule vorzeitig ab, sind oft selbst aggressiv oder gewalttätig und haben früher gewalttätige oder ausbeuterische sexuelle Beziehungen, die erhebliche Gesundheitsrisiken mit sich bringen.
Um diese Art von Gewalt, die insbesondere in sehr armen Ländern zum Alltag gehört, und ihre gesellschaftlichen Folgen einzudämmen, sind systemische Antworten gefragt – in der Forschung wie in der Politik. Grundsätzlich muss die Antwort der Wissenschaft darin liegen, mittels geeigneter Studien aus der alltäglichen Gewalt Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Probleme zu ziehen, um dann aus der Forschung heraus konkrete Interventionen und Instrumente der Politikberatung zu entwickeln und umzusetzen.
Meine Arbeitsgruppe führt momentan verschiedene interdisziplinär angelegte Projekte in Afrika durch, die sich mit alltäglicher Gewalt gegen Kinder und Frauen auseinandersetzen. Ein Ansatz ist, Eltern mithilfe von speziellen Programmen vor Augen zu führen, was sie eigentlich von ihren Kindern erwarten können, und ihnen gewaltlose Alternativen zur Sanktionierung von unerwünschtem Verhalten zu vermitteln. Um das Schlagen von Kindern in den Schulen zu beenden, möchten wir außerdem ein Projekt zur Lehrerfortbildung in Mosambik und Haiti umsetzen. Dort ist die Gewalt so alltäglich, dass niemand darüber spricht. Das gilt in vielen Ländern übrigens auch für Gewalt, die in Krankenhäusern gegen gebärende Frauen ausgeübt wird.
Hierbei ist in unserem Forschungsansatz der Dialog mit den Tätern zentral: Welche Probleme hat das Lehr- oder Krankenhauspersonal im Alltag, welchen Restriktionen unterliegt es, wird es für die geleistete Arbeit entlohnt? Es geht darum, auf Projektebene Fehler im System zu identifizieren und die gesellschaftlichen und ökonomischen Kosten zu beziffern. Durch die Arbeit vor Ort und mit den politisch Verantwortlichen hoffen wir, langfristig bevölkerungsweite Projekte anzustoßen.
Zur Person: Prof. Dr. Anke Hoeffler ist Alexander von Humboldt-Professorin für Entwicklungs- und Konfliktforschung. Sie forscht zu den sozialen Ursachen erhöhter Morbidität und Mortalität, insbesondere zu den Ursachen und Folgen von politischer und zwischenmenschlicher Gewalt. Ihre Arbeit auf dem Gebiet der Politikberatung, unter anderem die gemeinsame Arbeit mit James Fearon für das dänische Think Tank Copenhagen Consensus Center, hat die Entwicklung und Formulierung des Zieles 16 mitgeprägt.
Hier gelangen Sie zurück zum uni'kon #72