Ein Garten, tausend Möglichkeiten
Sumpfschildkröten sind scheu. Sehr scheu. Das hat Hannah Feistkorn diesen Sommer im Botanischen Garten der Universität Konstanz oft beobachten dürfen. Die neunzehnjährige Konstanzerin ist seit fast einem Jahr im Rahmen eines Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ) dort tätig und konnte Einblicke in viele Bereiche der Natur- und Pflanzenkunde erhalten. „Ich darf die Schildkröten füttern und es ist spannend, darauf zu warten, ob sie sich dann auch zeigen“, sagt sie. Heute lässt sich keines der Tiere blicken, aber stolz zeigt Hannah Bilder auf ihrem Handy, die sie an ruhigeren Tagen machen konnte.
Die Sumpfschildkröten sind die einzigen größeren Tiere, die im Botanischen Garten leben. „Sie stammen aus einer Nachzucht der Biologischen Lehrsammlung“, erklärt der Biologe Gregor Schmitz. Er leitet die Lehrsammlung und den Botanischen Garten der Universität Konstanz und betreut die Mitarbeitenden im FÖJ. „Die meisten Arbeiten drehen sich um die Aufzucht und Pflege von Pflanzen, die für die Forschung an der Universität Konstanz benötigt werden“, sagt er, während er durch die thematisch unterschiedlichen Gewächshäuser und über das Freigelände führt. „Es wird beispielsweise schlicht Hilfe bei der Aussaat, dem Gießen, Jäten oder Ernten benötigt“, nennt er erste Aufgaben.
Da es sich aber um den Botanischen Garten einer Universität handelt, sind die Arbeitsbereiche vielfältig und Hannah durfte auch dabei helfen, Versuche der Biologen mit aufzubauen und auszuwerten sowie die gewonnenen Daten aufzubereiten.
„Wir versuchen, unseren Mitarbeitenden im Freiwilligen Jahr ein möglichst breites Spektrum der biologischen Arbeit zu zeigen.“
Gregor Schmitz
Das geht im Universitätsgarten besonders gut, denn die Zusammenarbeit zwischen den Forschenden und den GärtnerInnen ist sehr eng. Da die Forschungsbereiche der Universität weit gestreut sind, kommen auf kleinstem Raum zahlreiche Pflanzenarten unter und es gibt Hunderte von Gewächsen, die für die universitäre Lehre und die Öffentlichkeitsarbeit gezogen werden. Die Bandbreite reicht von heimischen Gewächsen über tropische Arten bis hin zu Pflanzen der Weingärten oder einer Auswahl fleischfressender Arten.
Zum Botanischen Garten gehört auch eine eigene Waldparzelle, die für BesucherInnen wochentags zu den Öffnungszeigen frei zugänglich ist. In ihrem FÖJ bekam Hannah hier die Möglichkeit eine eigene Waldstation für Besucher zu entwerfen. „Für den Bau der Hütte haben wir gemeinsam ein Konzept entwickelt, was genau wir den Besuchern zeigen wollen“, sagt sie. Gebaut wurde der Sitzstand anschließend von den universitäreren Werkstätten. Ein kurzer Rindenmulchpfad zweigt nun vom Rundweg in der Waldparzelle ab und führt Besucher zum einer überdachten bequemen Sitzbank. Hier können sich NaturfreundInnen der Betrachtung von Flora und Fauna widmen.
© Greger SchmitzHannah Feistkorn in der Waldparzelle des Botanischen Gartens.
Ab Anfang Herbst wird der Unterstand mit Informationsmaterial ergänzt und ist dann für BesucherInnen offen. Dafür ist dann aber schon die Nachfolgerin von Hannah verantwortlich, die Anfang September für ein halbes Jahr die Stelle übernimmt. „Ab Anfang März ist die Stelle aktuell noch frei“, sagt Gregor Schmitz. „Wer Interesse hat, kann sich also gerne direkt bei mir bewerben.“
Vielen ist vor allem das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) bekannt, warum also wurde es für Hannah ausgerechnet das weniger bekannte ökologische Jahr? „Ich habe während meiner Schulzeit im sozialen Bereich ausgeholfen. Das kannte ich also schon und ein freiwilliges Jahr hätte da nicht so viel Neues gebracht. Deswegen wollte ich jetzt die Arbeit mit der Natur kennenlernen“, erklärt sie ihre Entscheidung. Und das konnte sie ausgiebig. Die Arbeiten, die sie im Botanischen Garten übernehmen durfte, waren abwechslungsreich und nach nur einem Jahr kann Hannah nun auf einige gelungene eigene Projekte zurückblicken. Sie zählte Samen für ein Forschungsprojekt, legte Nisthilfen für freibrütende Vögel an, recherchierte Informationen zum Rote-Liste-Status der universitätseigenen Ackerwildkrautsammlung und schuf im Garten Lebensräume für heimische Amphibien, Reptilien und Wildbienen.
„Ich durfte sogar einem Wildschwein einen Zahn ankleben“, berichtet sie stolz. Natürlich keinem lebenden Exemplar. Die Aufgabe war Teil eines Kurses zur Tierpräparation für die Lehrsammlung der Universität. „Als Vegetarierin hat mich das schon ein wenig Überwindung gekostet. Aber es war sehr spannend, die Techniken kennenzulernen“, erzählt sie. Zukünftig zieht es sie jedoch eher zu den lebenden Tieren. „Die Arbeit mit den Pflanzen war spannend, aber noch mehr lockt mich doch eine Aufgabe, die mit Tieren zu tun hat“, sagt sie und blickt zum fast schon letzten Mal auf das Gehege der Sumpfschildkröten. Als Konstanzerin hat sie es aber nie weit zum Garten und kann zu den Besuchszeiten jederzeit wieder bei den Panzertieren vorbeischauen.
Weitere Informationen:
Adresse: Langhardtstr. 3, 78464 Konstanz
Website
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag: 8.00 bis 15.30 Uhr; Freitag: 8.00 bis 13.00 Uhr
(Die Gewächshäuser sind ausschließlich im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Führungen zugänglich)
Eintritt: frei
Bewerbung für ein FÖJ ab März 2025: per E-Mail an Gregor Schmitz, gregor.schmitz@uni-konstanz.de