Rätsel des Schwänzeltanzes

Wie navigieren Bienen, wenn die Richtungsangaben der Schwänzeltänze anderer Bienen ungenau sind? Das Forschungsteam rund um James Foster, Gruppenleiter der Neurobiologe an der Universität Konstanz, versucht dieses faszinierende Bienenverhalten zu ergründen. Dafür führt es gegenwärtig Experimente auf dem Campus der Universität Konstanz durch.
© James Foster

Der Sommer neigt sich dem Ende zu – für die Bienen beginnt die Jahreszeit, in der sie genügend Nahrung für den Winter speichern müssen, um die kalte Jahreszeit zu überleben. Das bedeutet Hochsaison für die BienenforscherInnen rund um James Foster, Gruppenleiter im Bereich Neurobiologie und Mitglied am Exzellenzcluster Kollektives Verhalten der Universität Konstanz. Tagein, tagaus sitzt das Team bei gutem Wetter auf dem Campus. Mit konzentriertem Blick beobachten sie Bienen einer ihrer Forschungsbienenschwärme, die eine künstliche Futterquelle anfliegen. Um die Tiere identifizieren zu können, haben sie vorher winzige Aufkleber in verschiedenen Farben mit Nummern bis 99 an die Tiere angebracht. Nun notieren sie sich Farbe und Nummer der herbeifliegenden Insekten. Doch was erforschen die BienenforscherInnen? Und wie gehen sie dabei vor?

Bienen nutzen einen speziellen Tanz, um ihren Artgenossen Informationen über den Standort von Futterquellen zu geben: den Schwänzeltanz. „In unseren Experimenten konzentrieren wir uns auf die Beobachterinnen des Schwänzeltanzes und versuchen, sie dort zu erwischen, wohin sie fliegen“, erklärt James Foster. Nach jahrzehntelangen grundlegenden Experimenten ist klar, dass die beobachtenden Bienen die Tänze gut interpretieren können, um den Ort zu bestimmen, den die Tänzerin mitteilen möchte.

„Wir versuchen herauszufinden, was die beobachtenden Sammlerinnen tun, wenn die Tänzerin nicht perfekt kommunizieren kann. Was ist, wenn die Tänzerin beim Tanzen ungenau ist? Was, wenn sie selbst nicht ganz sicher ist, ob sie von der Blume nach Norden oder nach Süden geflogen ist? Eines ist nämlich sicher: In jedem Fall hält es sie nicht vom Tanzen ab.“

Neurobiologe James Foster.

Was tun die Beobachterinnen, wenn die Tänzerin nicht perfekt kommunizieren kann?
Um diese Frage zu beantworten, beeinflussen James Foster und seine Forschungsgruppe Tänzerinnen, die von einer neuen Futterquelle zurückkehren, so dass ihr Tanz ungenau oder sogar mehrdeutig wird. Frida Hildebrandt, Doktorandin am Exzellenzcluster Kollektives Verhalten, erklärt dies näher an dem eigens angefertigten Forschungsbienenstock. Dieser Bienenstock befindet sich in einem gut abgedunkelten Raum in der Universität Konstanz. Frida Hildebrandt zieht einen schwarzen, lichtundurchlässigen Vorhang zur Seite. Dahinter: Ein Bienenstock, in den man durch eine Glasscheibe das Geschehen im Stock beobachten kann. „Bienen tanzen immer auf einer vertikalen Fläche – die Waben von Wildbienen in der Natur sind auch immer vertikal angeordnet“, erklärt Frida Hildebrandt und ergänzt: „Für die Bienen stellt ‚oben‘ die Sonne dar.“

In den kommenden Experimentierwochen ist geplant, den Rahmen mit den Waben, der speziell von den Wissenschaftlichen Werkstätten der Universität Konstanz gebaut wurde, gelegentlich um verschiedene Winkel von wenigen Grad bis hin zu komplett horizontal zu kippen, um zu sehen, welchen Einfluss diese Veränderung auf den Tanz hat.

Dann zeigt Frida Hildebrandt auf eine Kamera: „Wir zeichnen die Tänze mit dieser Kamera im Nachtmodus auf, da die Honigbienen im Dunkeln tanzen. Durch die Aufnahmen können wir später analysieren, welche Informationen die Biene gegeben hat und wie sich diese je nach Position des Rahmens verändert haben.“

© Elisabeth Böker

Frida Hildebrandt beobachtet das Geschehen im Bienenstock.

Welche der beobachtenden Bienen findet die Futterquelle?
Gegenwärtig beobachtet Frida Hildebrandt die Biene mit der roten Nummer 91 beim Tanzen. Sie hat bereits erwartet, dass diese Biene bald tanzen würde, da sie “Nummer 91“ zuvor mehrmals an der Futterquelle gesehen hatte. Fünf Bienen folgen dem Tanz. Frida Hildebrandt notiert ihre Nummern und informiert ihre beiden KollegInnen draußen, auf welche Bienen sie achten sollen.

James Foster und seine studentische Hilfskraft sind gespannt, ob und wenn ja welches der fünf Insekten an die Futterquelle kommt. „Dies zeigt uns, wie sie den Tanz interpretiert haben und ob sie in der Lage waren, zu verstehen, was die Tänzerin ihnen mitteilen wollte“, sagt Foster. Viel Geduld ist bei der Forschung gefragt: Nach 15 Minuten trifft die erste Biene ein – es ist die weiße Nummer 26. Die einzige der fünf in der heutigen Sitzung. Nach der Experimentierphase wird das Team die Daten auswerten und versuchen herauszufinden, warum die vier anderen die Nahrungsquelle nicht gefunden haben.
 

Elisabeth Böker

Von Elisabeth Böker - 04.09.2024

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