Leibniz-Gemeinschaft zeichnet Konstanzer Promotion aus
In ihrer Dissertation „Biased Coercion: The Imposition, Management, and Termination of US Sanctions“ beschäftigt sich Politikwissenschaftlerin Hana Attia mit Sanktionen der USA, deren Verhängung, Durchführung und Beendigung. Für ihre Doktorarbeit erhält sie nun den Promotionspreis der Leibniz-Gemeinschaft in der Kategorie „Geistes- und Sozialwissenschaften“. Attia war Doktorandin in der Graduate School of Decision Sciences der Universität Konstanz und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, wo sie in zwei DFG-Projekten tätig war, darunter „The Termination of International Sanctions: Causes, Processes and Domestic Consequences“.
„Um internationale Krisen in ihrem Sinne zu bewältigen, setzen die USA verstärkt auf wirtschaftlichen Druck. Die Supermacht hat mehr Sanktionen verhängt als jedes andere Land weltweit. Jedoch werden verschiedene Länder unterschiedlich hart von der US-amerikanischen Sanktionspraxis getroffen.“
Hana Attia
„Während einige prompt sanktioniert werden, folgt die Bestrafung anderer Länder – wenn überhaupt – nur zögerlich. Auch wie lange die Sanktionen aufrechterhalten werden, unterscheidet sich von Land zu Land.“ Sind die Sanktionsentscheidungen der USA systematisch verzerrt? Was sind die Ursachen für die Ungleichbehandlung verschiedener Länder?
Sanktionsentscheidungen der USA
Die Doktorarbeit, die sie an der Universität Konstanz abgeschlossen hat, liefert einen umfassenden Erklärungsansatz, warum US-Sanktionen nicht systematisch, sondern mit einer gewissen Voreingenommenheit (Bias) beschlossen werden. Ein Beispiel: Nicht selten folgt die Verhängung von Sanktionen auch einer innenpolitischen Logik: In der Vergangenheit diente dies oft als Ablenkungsmanöver, wenn es innenpolitische Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit gab und wenn die Partei des Präsidenten wenig politischen Handlungsspielraum hatte.
„Sanktionen erlauben den US-Präsidenten, ihre Kompetenz und Führungsqualität zu demonstrieren und sich die Zustimmung der Öffentlichkeit zu sichern. Meine Ergebnisse deuten zudem darauf hin, dass Präsidenten gezielt Zwangsmaßnahmen verhängen, die der US-Wirtschaft keinen Schaden zufügen, wenn sie auf innenpolitisch motivierte Sanktionen zurückgreifen.“
Hana Attia
Ebenfalls untersucht Attia in ihrer Promotion den Einfluss internationaler Faktoren auf das Management von bereits beschlossenen Sanktionen. Und sie analysiert, welche politischen Anreize und Zwänge die Entscheidung der Präsidenten beeinflussen, Sanktionen wieder zu lockern oder sie aufrechtzuerhalten.
Die Promotionspreise der Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft vergibt jährlich zwei Promotionspreise, jeweils einen in der Kategorie „Geistes- und Sozialwissenschaften“ und „Natur- und Technikwissenschaften“. Mit den Preisen, die mit 5.000 Euro dotiert sind, würdigt sie herausragende Doktorarbeiten aus ihren Mitgliedsinstituten. Von den insgesamt knapp 800 Promotionsprojekten, die letztes Jahr in der Leibniz-Gemeinschaft abgeschlossenen worden waren, wurde die Dissertation von Hana Attia in der Kategorie „Geistes- und Sozialwissenschaften“ ausgewählt.
„Ich freue mich sehr über den Preis“, bedankt sich Hana Attia. „Die Promotion ist ein langer und herausfordernder Weg, und es bedeutet mir viel zu sehen, dass andere die Arbeit interessant finden und sie anerkannt wird.“
Attia schloss ihre Dissertation an der Universität Konstanz im April 2023 ab, betreut von Gerald Schneider, Professor für Internationale Politik. Derzeit arbeitet sie als Postdoktorandin an der Universität Salzburg.