Freier Zugang für alle!

Es ist der 6. Dezember 2007, ein bewölkter Wintertag in Konstanz. Leichter Regen nieselt auf die Dachterrasse vor den Fenstern des Senatssaal der Universität. Drinnen sitzen etwa 70 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie lauschen erwartungsvoll und trotz des trüben Wetters in guter Stimmung den Begrüßungsworten von Brigitte Rockstroh, der damaligen Prorektorin für Allgemeine Vertretung der Universität Konstanz. Sie eröffnet gerade die ersten Open-Access-Tage – eine Veranstaltung, die es so zuvor im deutschsprachigen Raum nicht gegeben hat. Denn erst Mitte der 2000er Jahre begann das Thema Open Access in Deutschland langsam groß zu werden. Die Idee dahinter: Die AutorInnen von wissenschaftlichen Texten veröffentlichen ihre Arbeiten frei zugänglich in Open-Access-Zeitschriften oder auf Repositorien und behalten dabei sämtliche Rechte an ihren Publikationen dauerhaft, anstatt sie an die Verlage abzutreten.
„Wir waren eine der ersten Universitäten Deutschlands, die sich schon damals intensiv mit dem Thema Open Access auseinandergesetzt haben“, berichtet Anja Oberländer, Stellvertretende Direktorin des Kommunikations-, Informations-, Medienzentrums (KIM) und von Anfang an eines der prägenden Gesichter von Open Access an der Universität Konstanz. So begann die Universität beispielsweise bereits 1999 mit dem Aufbau eines eigenen Repositoriums: dem Konstanzer Online-Publikationssystem (KOPS). Darin können Forschende der Universität ihre wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichen und frei zugänglich im Internet bereitstellen. Ein Modellprojekt für Zweitveröffentlichungen auf KOPS wurde von 2006 bis 2009 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert und ging anschließend in den Regelbetrieb über.
Parallel zum Aufbau von KOPS startete im Mai 2007 die Website open-access.net – eine deutschsprachige Onlineplattform, auf der sich Forschende umfassend zum Publizieren im Open Access informieren können. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Informationsplattform entstand als Kooperationsprojekt der Universitäten Konstanz, Göttingen, Bielefeld und der FU Berlin. „Für mich war open-access.net das erste große Projekt an der Universität Konstanz, an dem ich gearbeitet habe“, erinnert sich Oberländer.
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„Da das Thema Open Access selbst an engagierten Universitäten wie unserer noch in den Kinderschuhen war, gab es intern nur wenige Möglichkeiten zum Austausch. Wir hatten also ein großes Bedürfnis, uns innerhalb der Community zu vernetzen, und haben deshalb 2007 die Open-Access-Tage ins Leben gerufen.“
Anja Oberländer
Vom Pilotprojekt zum etablierten Service
Seit diesen Anfängen hat sich viel bewegt, und die einstigen Konstanzer Open-Access-Pilotprojekte sind ausgereift und fest etabliert. So ist KOPS bis heute ein zentrales Element der Publikationsservices des KIM und open-access.net – aus dem inzwischen das BMBF-geförderte open-access.network geworden ist – die zentrale Informations- und Vernetzungsplattform für Open Access im deutschsprachigen Raum. Schon früh wurden diese beiden Angebote an der Universität Konstanz durch weitere Services ergänzt: Seit 2007 ermöglicht das KIM Universitätsangehörigen das Publizieren und Verwalten ganzer Open-Access-Zeitschriften über „Open Journal Systems“. Seit 2009 unterstützt ein Publikationsfonds Konstanzer Forschende durch die Übernahme von Publikationskosten beim Veröffentlichen von Open-Access-Artikeln in Journals, die nicht von der stetig wachsenden Anzahl an Transformationsverträgen der Universität Konstanz abgedeckt sind.
Auch die Open-Access-Tage sind zwischenzeitlich gewachsen und haben sich als zentrales Event der deutschsprachigen Open-Access-Community bewährt. Vom 17. bis 19. September 2025 kehren sie nun für ihre 19. Ausgabe zurück an die Universität Konstanz. „Was damals mit 70 Teilnehmenden hier in Konstanz begann, zieht heute regelmäßig rund 400 Personen an“, berichtet Oberländer, die bis heute das Programmkomitee der Konferenz leitet und die Veranstaltung in diesem Jahr federführend organisiert. „Früher hat der Senatssaal unserer Universität ausgereicht, um alle Teilnehmenden unterzubringen. Dieses Mal brauchen wir für die Hauptvorträge das große Audimax.“ So etwa für die Eröffnungs-Keynote zur „Globalen Ungleichheit in der Forschung und im Wissenschaftssystem“ von Gabriele Spilker, Professorin am Konstanzer Exzellencluster „The Politics of Inequality“.
Infobox: Die Open-Access-Tage
Die Open-Access-Tage wurden ins Leben gerufen, um Menschen aus der Forschung, dem Bibliothekswesen und der Verlagsbranche zu aktuellen Themen rund um Open Access zusammenzubringen. Dabei setzt die Veranstaltungsreihe seit jeher nicht nur auf Vorträge, sondern auch auf zahlreiche kollaborative und offene Formate, die den Austausch und die Diskussion fördern. Darin unterscheidet sie sich ein Stück weit von klassischen Konferenzen.Ganz im Sinne des Open Access werden nach der Tagung alle Poster und Vortragsfolien frei zugänglich auf der Website der Open-Access-Tage veröffentlicht. Viele der Vorträge des diesjährigen Programms sollen zudem aufgezeichnet werden und anschließend abrufbar sein – die Keynotes werden sogar live gestreamt. Gefördert werden die Open-Access-Tage 2025 auch durch das forum.konstanz, ein Schlüsselprojekt in der Gesamtstrategie „Universität Konstanz – creative.together“.
Universitätsmitglieder, die zwischen dem 17. und 19. September 2025 auf dem Campus sind und an einzelnen Programmpunkten teilnehmen möchten, ohne sich für die gesamte Tagung anzumelden, sind dazu herzlich eingeladen.
In Deutschland ungeschlagen
Wie stark die Universität Konstanz und ihre Forschenden in Sachen Open Access sind und dass sie hier tatsächlich eine Vorreiterrolle einnehmen, zeigt sich auch objektiv: Im renommierten CWTS Leiden Ranking belegt Konstanz seit Beginn der entsprechenden Erhebung mit ihrem Anteil an Open-Access-Publikationen durchgängig Platz 1 im Bundesvergleich. Und selbst im internationalen Vergleich rangierte die Universität in den ersten fünf Erhebungszeiträumen jeweils unter den zehn bestplatzierten Hochschulen weltweit – zwei Mal sogar auf Platz 5.
„Der Vorsprung, den wir hier haben, lässt sich ganz klar auf unsere Serviceangebote und insbesondere den Publikationsservice für Zweitveröffentlichungen zurückführen“, erklärt Oberländer. „Denn während die Zahl der Open-Access-Publikationen in Fachzeitschriften seit Jahren allerorts steigt, nutzen viele Konstanzer Forschende schon lange zusätzlich ihr Zweitveröffentlichungsrecht.“ Das bedeutet: Nach Ablauf einer bestimmten Frist werden die Zeitschriftenartikel auf KOPS veröffentlicht – ein Vorgehen, das als der „grüne Weg“ des Open Access bekannt ist. Insgesamt waren dadurch laut der aktuellen Ausgabe des Rankings im letzten Erhebungszeitraum stolze 82 Prozent der Konstanzer Publikationen für alle frei zugänglich.
© Paul KuhnDie damalige Prorektorin Brigitte Rockstroh eröffnete die ersten Open-Access-Tage im deutschsprachigen Raum.
Open Science – mehr als „nur“ Open Access
Und wie sieht die Zukunft von Open Access an der Universität Konstanz aus, nachdem bereits so viel erreicht wurde? „Unser nächstes großes Projekt, das alle unsere Publikationsdienstleistungen unter einem Dach vereint, heißt PubliKon“, so Oberländer. Mit PubliKon wird die Universität erstmalig auch ein Unterstützungsangebot für die Veröffentlichung von Monografien über „Open Monograph Press“ bereitstellen und damit im Diamond Open Access. „Diamond Open Access ist, wenn man so will, die erstrebenswerteste Form des Open Access. Hier wird bereits die Originalschrift unter Open-Access-Bedingungen veröffentlicht, und weder AutorInnen noch LeserInnen müssen Gebühren zahlen“, erläutert Oberländer.
Doch PubliKon geht noch weiter: Auch beim Publizieren von freien Lehr- und Lernmaterialien, Forschungsdaten oder Ton- und Filmaufnahmen bietet das Angebot den Universitätsangehörigen auf Wunsch umfassende Unterstützung. „Vieles von dem, was die Mitarbeitenden von Universitäten erarbeiten – seien es wissenschaftliche Publikationen, die zugrunde liegenden Forschungsdaten oder Lehrmaterialien – entsteht mit öffentlichen Mitteln und in öffentlich finanzierter Arbeitszeit“, so Oberländer. „Und ich finde es nur folgerichtig, dass wir uns dafür einsetzen, möglichst viele dieser Materialien im Sinne von Open Access und Open Science der Öffentlichkeit zur freien Nachnutzung zur Verfügung zu stellen.“
Infobox: Open Science an der Universität Konstanz
Was einst mit Open Access begann, ist heute Teil einer umfassenden Open-Science-Bewegung: Ziel ist es, alle Bestandteile des wissenschaftlichen Prozesses offen zugänglich und nachnutzbar zu machen – darunter auch Forschungsdaten, Software, Auswertungsprotokolle und Lehrmaterialien. Der klassische Open Access, also frei zugängliche und weiterverwendbare Texte aus der Forschung, ist dabei nur ein Aspekt.Auch in diesem erweiterten Bereich ist die Universität Konstanz bestens aufgestellt: Analog zu KOPS und open-access.network gibt es das Konstanzer Forschungsdatenrepositorium KonDATA sowie die Informationsplattform forschungsdaten.info. Außerdem gehörte die Universität Konstanz 2021 zu den ersten deutschen Universitäten, die eine Open-Science-Policy verabschiedeten – und damit ein erweitertes Verständnis von offener Wissenschaftskultur zu einem ihrer Leitkonzepte erklärten.
Das Team Open Science des Kommunikations-, Informations-, Medienzentrums (KIM) unterstützt Universitätsangehörige mit einem breiten Serviceangebot – durch Beratung, Schulungen und die Entwicklung von Strategien zu Open Access, Forschungsdatenmanagement und Open Educational Resources.
Wenn Sie Open-Science-Materialien der Konstanzer Forschenden entdecken möchten, schauen Sie gerne im Open Science Spotlight vorbei – eine Sonderrubrik unseres Online-Magazins campus.kn.