Die Allgegenwärtigkeit des Provisorischen

… im langen Sommer der Migration 2015. In seinem Open-Access-Buch „Etablierte Provisorien“ untersucht der Soziologe Philipp Schäfer am Beispiel der Stadt Leipzig, wie Zugehörigkeit von MigrantInnen vor Ort ausgehandelt wurde.
© Philipp Schäfer

2015 war keineswegs eine einmalige Situation, sondern die provisorische Unterbringung Geflüchteter in deutschen Städten hat ihre eigene Geschichte. Zu diesem Ergebnis kommt Philipp Schäfer im Rahmen seiner Promotion am Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und empirische Bildungsforschung der Universität Konstanz, aus der das Open-Access-Buch „Etablierte Provisorien“ hervorgegangen ist. „Etablierte Provisorien sind ein auf Dauer gestellter Zustand der Vorläufigkeit“, erklärt Schäfer. Diese Vorläufigkeit bezieht sich nicht nur auf die Behausungen, sondern auch darauf, wie die Unterbringung Geflüchteter gehandhabt wurde.

Anhand von über 60 leitfadengestützten Interviews, teilnehmender Beobachtung und politischen sowie medialen Dokumenten geht Schäfer in seinem Buch der Frage nach, wie solche Zustände institutionalisiert und rationalisiert werden. Durch räumliche Ausschließungen, zeitliche Verzögerungstaktiken und moralische Bewertungen beispielsweise werden die Prozesse des Ankommens verzögert und das Noch-nicht-Angekommensein verlängert. Was lokalen Akteuren Handlungsspielräume eröffnen kann, bringt für Geflüchtete viele Einschränkungen mit sich.


Das Buch „Etablierte Provisorien“ (doi: 10.12907/978-3-593-44983-8) ist beim Campus-Verlag erschienen und steht auf KOPS, dem Online-Publikationssystem der Universität Konstanz, zum kostenlosen Download zur Verfügung. Die Veröffentlichung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Publikationsfonds der Universität Konstanz gefördert.
 

Marion Voigtmann

Von Marion Voigtmann - 13.12.2023