„An der Uni ist die Expertise wichtiger als das Alter“ – Im Gespräch mit Schülerstudium-Absolvent Felix Petersen
Felix Petersen kommt mit dem E-Bike an die Universität und bewegt sich auf dem Campus mit dem Selbstverständnis und der Kenntnis mehrerer Jahre: Intuitiv schlägt er den kürzesten Weg zwischen den Gebäuden ein, grüßt auf den Gängen hier und da KommilitonInnen und ProfessorInnen und zeigt uns sein Büro, das er sich im Rahmen seiner Tätigkeiten, erst als studentische Hilfskraft und nun als wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Kolleginnen und Kollegen der Arbeitsgruppe teilt. Dabei arbeitet er sowohl in der Arbeitsgruppe von Professor Bela Gipp als auch in der Arbeitsgruppe von Professor Oliver Deussen.
Herr Petersen, Sie haben mit 15 Jahren angefangen an der Universität Konstanz zu studieren, wie kam es dazu?
Felix Petersen: Nach einem Praktikum am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY kam ich für das Schülerstudium nach Konstanz. Anstatt eine Klasse zu überspringen, konnte ich durch einen Schulwechsel neben der Schule das Schülerstudium an der Universität Konstanz absolvieren. Ich nahm das Angebot an, da ich schon damals sehr interessiert an der Wissenschaft war und mehr lernen und forschen wollte.
Wie haben Sie die Universität und das Lernen an der Uni im Vergleich zur Schule erlebt?
Felix Petersen: Gleich zu Beginn meines Schülerstudiums konnte ich feststellen, dass meine Kommilitoninnen und Kommilitonen zum Teil deutlich motivierter sind als meine Mitschülerinnen und Mitschüler in der Schule. An der Universität gibt es wirklich Personen, deren Lernmotivation intrinsischer Natur ist. Zudem ist das Lernen an der Universität freier und selbstständiger und die Lerngeschwindigkeit in den Vorlesungen ist höher als in der Schule. Darüber hinaus müssen die Vorlesungen nachgearbeitet werden. Dadurch kann man die individuelle Lerngeschwindigkeit etwas anpassen.
Durch das Schülerstudium konnte Felix Petersen schon früh sein naturwissenschaftliches Interesse und seine Begabung weiterentwickeln. Das Fach Informatik hat er deshalb favorisiert, weil es viele interessante Schnittstellen zu den anderen Naturwissenschaften wie Biologie oder Chemie bietet.
Sie wirken als hätten Sie nie etwas anderes gemacht, als an der Universität Konstanz zu studieren. War das auch für Ihr Umfeld, die Mitstudierenden und Lehrenden immer so selbstverständlich?
Felix Petersen: Als ich jüngster Tutor unserer Uni wurde, war das kein Problem für mich, da an der Uni die Expertise wichtiger ist als das Alter. In der Fachschaft Informatik wurde ich gleich herzlich aufgenommen und durch meine Tätigkeiten als studentische Hilfskraft wurden mir direkte Einblicke in die verschiedenen Arbeitsgruppen ermöglicht.
Das Schülerstudium findet teils zu Unterrichtszeiten statt. Wie war das mit der Schule – wurde Ihr Studium dort unterstützt?
Felix Petersen: Das Schülerstudium wird von vielen Lehrern gerne gesehen und es betrifft in der Regel auch nur bestimmte Unterrichtszeiten. Insgesamt hat es mit den meisten Lehrern gut funktioniert. Dass man durch ein Schülerstudium oft auch zu Unterrichtszeiten in der Schule fehlt, sehen manche Lehrer nicht gerne. Trotzdem ließ sich immer ein Kompromiss finden – man darf sich einfach nicht entmutigen lassen!
Felix Petersen hat sich orientiert und sein Talent und sein Fachgebiet zweifelsohne sehr früh entdeckt. Auf der Conference on Intelligent Computer Mathematics 2018 (CICM) hat er passend zum Thema der Bachelor-Arbeit sein erstes Paper mit dem Titel “Towards Formula Translation using Recursive Neural Networks” veröffentlicht.
Warum würden Sie das Schülerstudium Schülerinnen und Schülern empfehlen?
Felix Petersen: Durch das Schülerstudium erhält man natürlich in erster Linie eine Orientierung darüber, was einen wirklich interessiert und was man später studieren möchte. Ein Fachwechsel oder das Hineinschnuppern in mehrere Fächer ist problemlos möglich. Auch wenn man das Schülerstudium nicht als reguläres Studium macht, kann eine solche Orientierung sehr wertvoll sein. Will man das Schülerstudium wirklich komplett durchziehen, hat man die Chance dazu - nur die Bachelorarbeit kann man erst nach dem Abitur anmelden.
Auch wenn der 19-Jährige mit diesem zielstrebigen Werdegang die Ausnahme unter den Schülerstudierenden bleibt, so zeigt er doch, dass das Angebot ein Lernkonzept ist, das vielen individuellen Bildungswünschen und -bedürfnissen entspricht. Für Felix Petersen ist klar, wohin die berufliche Orientierung geht: Er wird Wissenschaftler – und eigentlich ist er das jetzt schon.