Ein Jahr in einem Sommertag

Der Dies academicus präsentierte Meilensteine des akademischen Jahres – und einen bemerkenswerten Blick auf die Zukunft des Exzellenzwettbewerbs.
© Universität Konstanz, Philipp Uricher

Wenn sanfter Jazz aus dem naturwissenschaftlichen Hörsaal dringt und sich gute FreundInnen von damals und heute auf dem Campus wiedersehen, dann ist wieder Dies academicus, der akademische Festtag der Universität Konstanz. Bis auf den letzten Platz war der Hörsaal belegt, als Universitätsmitglieder, FreundInnen und Fördernde zusammenkamen, um auf das vergangene akademische Jahr zurückzublicken und besondere Leistungen auszuzeichnen. Und es gab einiges zu feiern: Insgesamt sieben Wissenschaftspreise wurden an diesem Tag verliehen, mehr als 25 PreisträgerInnen wurden honoriert.

Am Stehpult vor 240 Augenpaaren leitete Rektorin Katharina Holzinger durch die Festveranstaltung. „Es tat sich einiges hier auf dem Campus. Veränderung erleben wir hier an der Universität derzeit jeden Tag. Die Baustelle schreitet voran, nicht nur der Campus entwickelt sich weiter, auch in Forschung, Lehre und institutionellen Themen können wir auf ein bewegtes, herausforderndes, aber erfolgreiches akademisches Jahr zurückblicken“, nennt Katharina Holzinger Meilensteine des vergangenen Jahres: zum Beispiel die Entwicklungen der Exzellenzstrategie – augenblicklich stellen beide Konstanzer Exzellenzcluster ihre Hauptanträge.

Peter Frankenberg: Blick auf die Zukunft des Exzellenzwettbewerbs
Der Exzellenzwettbewerb sollte auch ein entscheidendes Thema des Tages sein, mit einem eindrücklichen Auftritt von Peter Frankenberg, Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg a. D. „Sie waren Wissenschaftsminister, als die Exzellenzinitiative geboren wurde“, begrüßt Katharina Holzinger den Hauptredner des Dies academicus und hebt seine besondere Rolle für den Exzellenzwettbewerb hervor. In seiner Festrede beschreibt Peter Frankenberg die Exzellenzuniversitäten als unabdingbar, um im Wettbewerb um die besten Köpfe konkurrenzfähig zu bleiben. „Wenn wir die großen Talente nicht gewinnen, werden wir im internationalen Wettbewerb das Nachsehen haben.“

„Wurden die Ziele der Exzellenzinitiative erreicht? Die Bewegung ist erzeugt, aber Nachhaltigkeit, daran mangelt es.“

Peter Frankenberg, Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg a. D.

Die Herausforderung für die kommende Phase des Wettbewerbs sieht Peter Frankenberg in der Verstetigung der Exzellenzuniversitäten: „Wie können die Exzellenzuniversitäten weitergestaltet werden? Braucht es einen permanenten Wettbewerb? Wie kommt man vom Dauerwettbewerb zu einer Verstetigung?“, nennt Frankenberg Leitfragen für die kommenden Phasen des Exzellenzwettbewerbs.

Der Wissenschaftsminister a. D. fordert, den Universitäten mehr Autonomie zu geben, zum Beispiel in Bezug auf die Bauherreneigenschaft, auf die Stellenplanung, aber auch auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz: „Warum traut man es den Universitäten nicht zu, die Frage des wissenschaftlichen Nachwuchses selbst zu regeln?“, wundert sich Frankenberg.
Vor allem aber fordert Frankenberg die Politik auf, den Etat der Exzellenzstrategie zu erhöhen, um auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben. „‚Geld schießt keine Tore‘ – dieser Satz stimmt nicht. Geldmangel führt auch nicht zur Exzellenz“, urteilt Frankenberg. „Ohne Mittelsteigerungen werden wir auf Dauer nicht konkurrenzfähig sein.“

An die WissenschaftlerInnen gerichtet appelliert Frankenberg, noch stärker auf die Öffentlichkeit zuzugehen und sich insbesondere auch in der Politik zu engagieren. „Sie sprechen uns in ganz vielen Dingen aus dem Herzen“, dankt Katharina Holzinger dem Wissenschaftsminister a. D. für seinen Festvortrag. Es ist eine Rede, die an der Universität Konstanz so schnell nicht vergessen werden wird.

Höhepunkte in Studium und Lehre

Landeslehrpreis

Zwischenspiel der Jazzcombo der Universität, launiger Bossa-Nova im Hörsaal zwischen Tafel und Stuhlreihen. Zu der Musik werden Meilensteine aus Studium und Lehre präsentiert. Einen besonders erfreulichen Erfolg hebt Katharina Holzinger hervor: Das von Studierenden entwickelte Lehrangebot „qualifikation N“ brachte der Universität Konstanz erneut den Landeslehrpreis ein. „Das ist keine Selbstverständlichkeit. Dass wir den Landeslehrpreis zum zweiten Mal in Folge bekommen haben, zeigt, dass wir so einiges richtig machen in Studium und Lehre“, betont Katharina Holzinger. Das Preisgeld soll für die Weiterentwicklung des Lehrprogramms verwendet werden, aber auch für „Curriculumswerkstätten“ zum Thema „Nachhaltigkeit in der Lehre“ in verschiedenen Fachbereichen.

https://www.youtube.com/watch?v=XbNv4ubOoBE

Tina-Ulmer-Lehrpreis

Herausragende Lehre an der Universität Konstanz wurde anschließend auch mit dem Tina-Ulmer-Lehrpreis honoriert, dem einzigen dotierten Lehrpreis an der Universität Konstanz. Tina Ulmer-Ziehr überreichte ihn dieses Jahr dem Evolutionsbiologen Joost Woltering. Seine Vorlesung „Organisationsformen des Tierreichs“ hatten Studierende mit dem Prädikat „beste Vorlesung“ ausgezeichnet. „Ihr Verständnis von Lehre ist es, zu verstehen, was Ihre Studierenden noch nicht verstanden haben, und sie genau dort abzuholen“, lobte Laudatorin Tina Ulmer-Ziehr. Die Manfred Ulmer-Stiftung für Wissenschaft und Gesellschaft würdigt mit dem Lehrpreis herausragende Verdienste und innovative Leistungen in der Lehre.

© Universität Konstanz, Philipp Uricher

v.l.n.r.: Tina Ulmer-Ziehr, Joost Woltering und Rektorin Katharina Holzinger

LUKS-Preise für Lehrveranstaltungen mit Bestbewertungen

Die Fachschaftskonferenz vergab die LUKS-Preise für Lehrveranstaltungen mit Bestbewertungen an sechzehn Lehrende der Universität Konstanz:

https://www.youtube.com/watch?v=nih1jIJlDUU


Höhepunkte in der Forschung

Auf ein ereignisreiches Jahr in der Forschung konnte Katharina Holzinger zurückblicken und verdiente ForscherInnen ins Rampenlicht ziehen. Im Interview mit der Rektorin stellten Anna Stöckl und Clemens Bechinger – beide jüngst mit einem ERC Grant gefördert – ihre Projekte vor und schilderten, was sie nach Konstanz führte: das interdisziplinäre Forschungsumfeld an der Universität und am Exzellenzcluster, die Forschungstradition der Universität, aber auch die Konstanzer Forschungsinfrastruktur wie der weltweit einzigartige Imaging Hangar.

Manfred-Ulmer-Stipendium

Das Manfred-Ulmer-Stipendium wurde dieses Jahr der argentinischen Biologin Elisa María Sol Porcel zugesprochen. Sie forscht über den Stoffwechsel von Ökosystemen in Seen der argentinischen Strobel-See-Hochebene. In einem Video-Intervie mit dem Direktor des Zukunftskollegs Giovanni Galizia erzählt Porcel, wie sehr ihre Forschung durch den Austausch von See zu See – Argentinien und Südwestdeutschland – bereichert wird. Das Manfred-Ulmer-Stipendium ist in das ZUKOnnect Fellowship eingebettet, das sich an NachwuchswissenschaftlerInnen aus Afrika, Asien und Südamerika richtet.

https://www.youtube.com/watch?v=mPUP7pjax2c

LBS Wissenschaftsförderung für nachhaltiges Leben und Wohnen

Die LBS Wissenschaftsförderung für nachhaltiges Leben und Wohnen geht dieses Jahr an die Wirtschaftswissenschaftlerin Natascha Jankowski und den Politik- und Verwaltungswissenschaftler Daniel Herfurth. Die Stiftung Umwelt und Wohnen, eine langjährige Partnerschaft zwischen der LBS Landesbausparkasse Süd und der Universität Konstanz, vergibt den Preis für ihre Dissertationen und fördert damit die nächsten Forschungsvorhaben der beiden PreisträgerInnen.

© Universität Konstanz, Philipp Uricher

v.l.n.r: Marion May, Natascha Jankowski, Daniel Herfurth, Rektorin Katharina Holzinger

Ein Blick in ihre Forschung: Immobilienbesitz, Heirat und Schienennahverkehr

Stiftung-Schmieder-Preis

Den Stiftung-Schmieder-Preis 2024 teilen sich die Physiotherapeutin Lena Liebenwein-Dobberke und die Psychologin Sarah Tholl. Lisa Sophia Friedrich, Geschäftsführerin der Stiftung Schmieder für Wissenschaft und Forschung Allensbach, überreichte ihnen den Preis für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der neurologischen Rehabilitation.

© Universität Konstanz, Philipp Uricher

v.l.n.r.: Laudatorin Daniela Mier, Sarah Tholl, Lisa Sophia Friedrich, Lena Liebenwein-Dobberke und Rektorin Katharina Holzinger

Ein Blick in ihre Forschung: Post-Covid und Zerebralparese

Wissenschaftspreise der Erika und Werner Messmer Stiftung

Zum fünften Mal wurden die Wissenschaftspreise 2024 der Erika und Werner Messmer Stiftung vergeben. Die drei Preise erhielten die Biologin Eva Lievens, die Wirtschaftswissenschaftlerin Pia Schilling und der Historiker James Wilson für ihre Forschungsprojekte.

https://www.youtube.com/watch?v=Hjfwx-hhY8Y

Ein Blick in ihre Forschung: Phytoplankton, Kreuzzüge und Bildungsungleicheit


Preis des Universitätsrates

Im Namen des Universitätsrates widmete Hansjörg Brem den Preis des Universitätsrates dem Team Energiesparen. Dieses Netzwerk aus Mitarbeitenden wurde nicht nur für sein Engagement und seine Ideen gewürdigt, um die Universität Konstanz während der Gas- und Energiekrise im Jahr 2022 beim Energiesparen zu unterstützen. Auch in Folge stieß es wichtige Energiesparprojekte an, die die Universität auf ihrem Weg in Richtung Klimaneutralität begleiten werden. „Die Maßnahmen zeigen, dass die Universität Konstanz auch in ihrem eigenen Bereich ein Ort der Innovation ist“, würdigt Brem. Der Universitätsrat unterstützte in diesem Jahr außerdem den Förderkreis Konstanz – Tel-Aviv e. V. für sein langjähriges Engagement für den Studierendenaustausch zwischen beiden Universitäten.

© Universität Konstanz, Philipp Uricher

v.l.n.r: Dr. Hansjörg Brem, Lukas Schmidt-Mende, Anna-Lena Mundorf, Rektorin Katharina Holzinger

Nachhaltigkeit, internationaler Austausch und Diversity sind wichtige Fokusthemen an der Universität Konstanz. So stellte Sebastian Tillmann, Referent für Diversity in der Wissenschaftskultur, im Rahmen des Dies academicus das Unconscious Bias Tool vor, ein neues Selbstlern-Angebot, um unbewusste Vorurteile zu erkennen und zu vermeiden. Das Unconscious Bias Tool ist online verfügbar.

Impressionen

Ausblick auf das kommende akademische Jahr

„Das kommende Jahr wird für unsere Universität mit Sicherheit sehr ereignisreich, nicht nur, weil am 22. Mai 2025 die Entscheidung über die Weiterförderung der Exzellenzcluster gefällt wird“, schloss die Rektorin mit einem Ausblick auf kommende Ereignisse: Die Sanierung von Gebäude A wird abgeschlossen werden, das Orientierungsprogramm Go.MINt startet im Wintersemester 2024/2025 und das DFG Graduiertenkolleg „Europa nach dem Eurozentrismus“ nimmt ab Herbst 2024 seine Arbeit auf. Im April 2025 lädt das Konstanzer Wissenschaftsforum zu seiner Konferenz „Wasser im Wandel“ ein. Ein Wiedersehen wird es spätestens am 10. Juli 2025 geben, wenn der nächste Dies academicus ansteht – dann wieder im frisch renovierten Audimax.

 

Marion Voigtmann und Jürgen Graf

Von Marion Voigtmann und Jürgen Graf - 11.07.2024