Grausames Spiel mit dem Leben

Das Universitätstheater Konstanz gibt „Krankheit der Jugend“ von Ferdinand Bruckner auf der Studiobühne.
© Jacob Höferlin

Matratzen stapeln sich auf dem Boden der Studiobühne. Es lässt sich nur schwer darauf gehen, jeder Schritt ist wacklig und muss ausbalanciert werden. Das ist der Untergrund, auf dem Marie, Petrell, Irene, Desiree und Freder ihr Leben führen. Eine kraftraubende Angelegenheit.

Das Bühnenbild der neuen Produktion des Universitätstheaters Konstanz stammt von den beteiligten Studierenden. Außer der Regie geht die gesamte Aufführung auf ihre Ideen zurück. Auch dass Ferdinand Bruckners Stück „Krankheit der Jugend“ in einer WG spielt. Liegt eigentlich nahe. Die Studentin Marie feiert ihre Promotion. Es geht heftig zu. Wer reinkommt, kriegt zur Begrüßung erst mal ein paar Schluck aus der Schampuspulle verpasst. Aus den Lautsprechern dröhnt die Pop-Version von „Lummerland“, einem Kinderlied eigentlich. Lara Sauer und Stefan Gritsch sind zwei unheimliche Stimmungskanonen, bevor sie sich die Rolle des Alt teilen.

Einerseits Lummerland, andererseits diese zynischen Sprüche, die ihnen Ferdinand Bruckner in den Mund gelegt hat. Thomas Fritz Jung, der neue Leiter des Universitätstheaters, hat den modernen Klassiker mit dem studentischen Ensemble auf die Studiobühne gebracht. Von Anfang an liegt etwas Irritierendes über dem Bühnenraum, die Verwirrung der jungen Protagonisten lässt das Desaster erahnen. Ihre Suche nach Liebe und sich selbst führt sie in Extreme, von denen sie überfordert sind. Petrell und Irene sprechen es aus: Die Jugend schläft noch einen Traum. Das Erwachen wird hart werden.

https://www.youtube.com/watch?v=WnZcwb_aJtg&index=2&list=PLaG_1mUExh_68oEYwDerwfyG1zUGa7wkT

Weitere Videos gibt es in einer Playlist auf Youtube.

 

Sie wollen nur spielen – das aber mit letzter Konsequenz. Charlotte Zeidler spielt die Marie, die die Party ausrichtet und währenddessen von ihrem Freund Petrell verlassen wird. Lukas Lautenschlager ist Petrell mit dem Dichterschopf, der sich Irene zuwendet, die von Louise Parche dargestellt wird. In der Folge kommen Marie und Desiree für eine kurze Beziehung zusammen, in der Desiree, gespielt von Marlene Marek, endgültig den Bezug zum wirklichen Leben verliert. Am grausamsten spielt Freder. Als gewissenloser Verführer ist das Dienstmädchen Lucy Wachs in seinen Händen. Ihm zuliebe prostituiert sie sich sogar. Charlotte Lott und Aaron Holland stellen ein Horrorpaar dar.

So dreht sich der Reigen auf der Studiobühne – ein eigener Kosmos ohne Bezug zur Außenwelt. Menschen, die keine Antwort darauf haben, was das eigentlich soll, das Leben, und die Leere mit Alkohol, Drogen und Sex zuschütten. Aus Angst vor der Verbürgerlichung, sagen sie. Aus Angst vor dem Leben und der Zukunft, die ihnen unsicherer denn je erscheint, das kommt der Sache wohl näher.

Ein eindrucksvolles Schauspiel des Universitätstheaters.

Vorstellungen noch bis 23. Januar 2019. Karten unter: http://www.uni-konstanz.de/theater/tickets/

Dr. Maria Schorpp

Von Dr. Maria Schorpp - 17.01.2019