Ausstellung „(Learning) the Grammar of the Act“

In ihrer Ausstellung „(Learning) The Grammar of the Act” in der Bibliothek der Universität Konstanz zeigt Liat Grayver, Artist in Residence am Kulturwissenschaftlichen Kolleg Konstanz, wie sich Malerei und Technik zusammen bringen lassen. Kann man einem Roboter beibringen kreativ zu sein? Und: Wie lässt sich die Maschine in das eigene künstlerische Tun einbinden? Diese Fragen leiten die Kooperation der Künstlerin mit dem von Professor Oliver Deussen entwickelten Malroboter e-David.

Das Mensch-Maschine-Kooperationsprojekt von Liat Grayver und e-David bringt Malerei und digitale Technologie zusammen. Konzipiert wurde e-David von Oliver Deussen, Professor für Visual Computing an der Universität Konstanz. Die große Herausforderung bei dem Projekt: Ein Computer ist mit seinen präzisen Programmanweisungen üblicherweise ganz deterministisch angelegt. Er arbeitet nach klaren Vorgaben. Bei dieser Kooperation geht es nun allerdings darum, dem Computer Freiheiten einzuräumen, um auch selbst Entscheidungen treffen zu können. Zu diesem Zweck wurde e-David von Marvin Gülzow, Doktorand am Fachbereich Informatik und Informationswissenschaft der Universität Konstanz, weiterentwickelt.
 
Der Roboter zeichnet in der Ausstellung „(Learning) The Grammar oft he Act“ die Bewegungen der Menschen nach, die die Bibliothek der Universität Konstanz im Seitentrakt betreten. Das Ergebnis: Expressionistisch anmutende Gemälde.

e-David malt zu den Bewegungen der Ausstellungsbesucher

https://youtu.be/JzYTild7sYs

Zwar seien dem Computer gewisse Regeln einprogrammiert worden: die „Grammar of the Act“, wie der Titel der Ausstellung sie bezeichnet. Aber gleichzeitig haben Gülzow und Grayver Momente des Kontrollverlusts vorgesehen: Beispielsweise, dass der Roboter nach dem Prinzip von Machine Learning gewisse Regelmäßigkeiten lernt und darauf reagiert. Aber auch die Materialwahl trägt dazu bei. „Für die Aufzeichnung habe ich Reispapier gewählt, ein sehr dünnes Papier, das die Farbe aufsaugt. Auf diese Weise arbeitet die Materie unkontrollierbar weiter, es entstehen Überlagerungen von Farbe und Wasserverläufe“, erklärt Malerin und Medienkünstlerin Grayver. e-David taucht den kalligraphischen Pinsel, der an seinem Arm befestigt ist, in die schwarze Farbe ein, zieht den Arm nach oben, um ihn anschließend auf die weiße Papierrolle zu bringen und eine zunächst dünne, bewegte Linie zu ziehen. Der Arm schwenkt nach oben, malt eine zweite, nun dickere Linie. Nach insgesamt fünf Linien taucht e-David den Pinsel erst einmal ins Wasserglas, um den Vorgang mit wasserdurchsetztem Schwarz fortzusetzen. „Betrachter würden nicht denken, dass die Bilder, die so entstehen, von einer Maschine geschaffen wurden“, sagt Grayver.

Liat Grayver wuchs als Mitglied einer jüdisch-irakischen Familie auf, die in die israelische Grenzregion ausgewandert war. Sie studierte klassische Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig und machte erfolgreich den Abschluss als Meisterschülerin. Als Artist in Residence am Kulturwissenschaftlichen Kolleg Konstanz beschäftigt sich Grayver seit Oktober 2018 mit dem Projekt „Human-Machine: Interaction as a Neutral Base for a New Artistic and Creative Practice“. Ziel ist unter anderem, über das digitale Zeitalter, über gegenwärtige Perspektiven und Wahrnehmungen zu reflektieren und herauszufinden, welch neue Grundlage ein Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine dem künstlerischen und kreativen Schaffensprozess bietet. Über das Projekt sagt sie: „Die Entwicklung einer neuen Technik, wie eines malenden Roboters, eröffnet mir eine bislang in diesem Maße nicht gekannte künstlerische Freiheit.“
 
Informationen über die Artist in Residence und das Kulturwissenschaftliche Kolleg, das Teil des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ an der Universität Konstanz ist, finden Sie unter www.exc16.de.
 
 

Kathrin Zander

Von Kathrin Zander - 15.05.2019