Immer schön im Takt bleiben!

Rhythmische Genauigkeit zahlt sich aus. Das zeigen Forschende aus Konstanz und Israel in ihrer Verhaltensstudie zum Balzgesang des Klippschliefers. So hatten männliche Tiere, die häufig sangen und präziser „den Takt hielten“, einen höheren Fortpflanzungserfolg als ihre weniger rhythmustreuen Artgenossen.
© Amiyaal Ilany

Bei Balzgesängen im Tierreich denken die meisten Menschen wahrscheinlich zunächst an Singvögel, von denen uns manche – zur Begeisterung der einen und zum Leid der anderen – schon früh morgens mit ihrem Gezwitscher beglücken. Doch auch unter den Säugetieren gibt es Arten, bei denen die Männchen versuchen, ihre weiblichen Paarungspartner durch Gesang zu bezirzen. Zu diesen zählt der Klippschliefer (Procavia capensis), ein landlebendes Säugetier, das im westlichen Bereich Vorderasiens und in Afrika beheimatet ist.

In einer aktuellen Studie, die gerade im Journal of Animal Ecology erschienen ist, haben WissenschaftlerInnen der Universität Konstanz, der Tel Aviv University und der Bar Ilan University den Gesang der Klippschliefer nun genauer unter die Lupe genommen. Sie beobachteten die Tiere im En Gedi Naturreservat im Osten Israels und machten dabei Tonaufnahmen der Balzgesänge, um diese später zusammen mit genetischen Proben einzelner Männchen im Labor zu analysierten. Dabei interessierten sich die Forschenden vor allem für die Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen den rhythmischen Merkmalen des Gesangs und dem Fortpflanzungserfolg der Tiere gibt.

Rhythmusgefühl als Zeichen von guter gesundheitlicher Verfassung
Dass Rhythmus nicht nur bei menschgemachter Musik eine Rolle spielt, sondern auch bei der Kommunikation einiger Tiere, ist bereits seit längerem bekannt. „Eine Vermutung ist, dass sich Rhythmus evolutiv entwickelt hat, damit Tiere, die in Gruppen rufen, ihren Gesang besser synchronisieren können – wie bei den Musikern einer Band oder den Sängern eines Chors“, so Dr. Vlad Demartsev, Erstautor der Studie und derzeit Postdoc am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz.

Davon abgesehen könnte Rhythmus aus evolutiver Sicht jedoch auch die Funktion erfüllen, einem Weibchen die gesundheitliche Verfassung des werbenden Männchens und damit dessen Eignung als Sexualpartner zu signalisieren. „Die Überlegung dahinter ist, dass sich bestimmte körperliche Einschränkungen unweigerlich negativ auf die Fähigkeit zur präzisen, rhythmischen Schallproduktion auswirken“, erklärt Demartsev eine zweite gängige Hypothese zum Thema Rhythmus bei Tieren.

In der aktuellen Studie konnten die Forschenden nun durch die Kombination aus akustischen Analysen und der genetischen Langzeit-Bestimmung von Verwandtschaftsverhältnissen zeigen, dass Männchen mit einem hohen Anteil an rhythmisch präzisen Elementen in ihrem Balzgesang mehr Nachkommen zeugten als Artgenossen, bei denen dieser Anteil niedriger lag. Auch wer als männlicher Klippschliefer häufiger singt als seine Artgenossen, hat einen leicht erhöhten Fortpflanzungserfolg.

© Eran Gissis

Singender männlicher Klippschliefer

Da Klippschliefer meist alleine und nicht im Chor singen, ist davon auszugehen, dass der Synchronisationsgedanke bei der Entstehung ihrer rhythmischen Balzgesänge keine entscheidende Rolle gespielt hat. „Die Tatsache, dass rhythmustreue Männchen mehr Nachkommen zeugen, untermauert vielmehr die Annahme, dass eine hohe rhythmische Stabilität den Weibchen als Qualitätsindikator dient und auf diese besonders attraktiv wirkt“, so Demartsev.

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Copyright: Eyal Bartov

Faktenübersicht:

  • Originalpublikation: Vlad Demartsev, Michal Haddas-Sasson, Amiyaal Ilany, Lee Koren, Eli Geffen (2022) Male rock hyraxes that maintain an isochronous song rhythm achieve higher reproductive success. Journal of Animal Ecology. DOI: 10.1111/1365-2656.1380
  • Dr. Vlad Demartsev ist Postdoc am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz und Humboldt-Forschungsstipendiat. Die nun publizierten Daten stammen noch aus seiner Zeit an der Tel Aviv University (Israel).
  • Förderung: Israel Science Foundation, U.S.-Israel Binational Science Foundation, Alexander von Humboldt-Stiftung.

 

Dr. Daniel Schmidtke

Von Dr. Daniel Schmidtke - 13.09.2022