New method improves measurement of animal behaviour using deep learning
Ein neues Toolkit übertrifft herkömmliche Methoden des maschinellen Lernens im Bereich der Messung der Körperhaltung von Tieren unter hoher Geschwindigkeit und Präzision. Das von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Exzellenzclusters „Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour“ der Universität Konstanz und des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie entwickelte Deep-Learning-Toolkit namens DeepPoseKit kombiniert herkömmliche Methoden zur Bestimmung der Körperhaltung mit modernsten Entwicklungen der Informatik. Diese neu entwickelten Deep-Learning-Methoden sind nach einer Trainingsphase mit nur 100 Beispielen in der Lage, die Körperhaltung auf vorher noch nicht gesehenen Bildern korrekt festzustellen, und können zur Erforschung von Wildtieren unter schwierigen Feldbedingungen eingesetzt werden. Die heute im Open-Access-Journal eLife veröffentlichte Studie trägt mit Tools der nächsten Generation zur Weiterentwicklung des Forschungsgebiets der Verhaltensbiologie bei und bietet auch Nicht-Experten ein zugängliches System, um maschinelles Lernen mühelos für ihre Verhaltensforschung einzusetzen.
https://youtu.be/ssfr8xJvTH8
Tiere müssen mit ihrer Umgebung interagieren, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Die Erforschung ihres Verhaltens kann aufzeigen, welche Strategien sie zur Erreichung dieser Ziele entwickelt haben. Doch Verhalten ist durch direkte Beobachtung allein schwer zu definieren: Wahrnehmungsverzerrung und begrenzte Verarbeitungskapazität menschlicher Beobachter beeinträchtigen die Qualität und Schärfe von Verhaltensdaten, die auf diese Art von Tieren gesammelt werden können.
Maschinelles Lernen hat das geändert. In den letzten Jahren wurden verschiedene Tools entwickelt, die es Forscherinnen und Forschern ermöglichen, automatisch die Positionen der Körperteile von Tieren direkt in Bildern oder Videos zu bestimmen – und haben somit die Anbringung von Markierungen an den Tieren sowie die manuelle Erschließung von Verhaltensmustern überflüssig gemacht. Diese Methoden haben dennoch Defizite, die ihre Leistungsfähigkeit einschränken. „Herkömmliche Tools zur Messung der Körperhaltung mit Deep Learning waren entweder langsamer und dafür genauer, oder schneller und dafür weniger genau – wir wollten jedoch das Optimum in beiden Bereichen herausholen“, sagt Hauptautor Jake Graving, Doktorand am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.
In der neuen Studie stellen die Forscherinnen und Forscher einen Ansatz vor, der dieses Dilemma zwischen Geschwindigkeit und Genauigkeit beseitigt. Ihre innovativen Methoden verwenden ein effizientes, hochmodernes Deep-Learning-Modell zur Erkennung von Körperteilen in Bildern und kombinieren dies mit einem schnellen Algorithmus zur präzisen Berechnung der Position der erfassten Körperteile. Die Ergebnisse der Studie zeigen auch, dass diese neuen Methoden bei verschiedensten Tierarten und experimentellen Bedingungen eingesetzt werden können – von Fliegen, Heuschrecken und Mäusen in kontrollierten Laborumgebungen bis hin zu Herden von Zebras, die in der Wildnis interagieren. Koautor des Artikels Dr. Blair Costelloe, der Zebras in Kenia studiert, sagt:
"Anhand der Daten, die wir nun mit DeepPoseKit über die Körperhaltung von Zebras sammeln können, wissen wir genau, was jedes einzelne Tier in der Gruppe macht und wie es mit seiner Umgebung interagiert. Im Gegensatz dazu reduzieren herkömmliche Technologien wie GPS diese Komplexität auf nur einen einzigen Punkt im räumlichen Umfeld, was die Art der Fragen, die sich damit beantworten lassen, einschränkt."
https://youtu.be/aP8WYETng_8
Aufgrund der leistungsstarken und einfach zu bedienenden Softwareschnittstelle (der Code ist öffentlich zugänglich auf Github), so die Forscherinnen und Forscher, können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachbereichen – wie Neurowissenschaften, Psychologie und Ökologie – und unabhängig von technischer Expertise unmittelbar von DeepPoseKit profitieren. Die Forschung in diesem Themengebiet kann auch in Bereichen des täglichen Lebens Anwendung finden, beispielsweise zur Verbesserung ähnlicher Algorithmen zur Gestenerkennung auf Smartphones oder zur Diagnose von bewegungsbezogenen Krankheiten bei Mensch und Tier.
„In nur wenigen Jahren hat sich Deep Learning von einer schwer anwendbaren Nischenmethode zu einem der zugänglichsten und am weitest verbreiteten Softwaretools der Welt entwickelt“, spricht Iain Couzin, Senior-Autor der Veröffentlichung. Er leitet das „Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour“ an der Universität Konstanz sowie die Abteilung für Kollektivverhalten am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie. „Wir möchten einen Beitrag zur Verhaltensforschung leisten, indem wir einfach zu bedienende, leistungsstarke Tools entwickeln, die jeder nutzen kann.“ Solche Tools sind wichtig für die Verhaltensforschung, schildert Graving: „Sie erlauben uns, mit Grundprinzipien – ‚wie bewegt das Tier seinen Körper durch den Raum‘ – zu beginnen, anstatt mit subjektiven Definitionen anzusetzen, was Verhalten ausmacht. Darauf aufbauend können wir dann mathematische Modelle auf die Daten anwenden und allgemeine Theorien entwickeln, die uns helfen, besser zu verstehen, wie Individuen und Tiergruppen ihr Verhalten adaptiv organisieren.“
Video credit: Jake Graving