Podcasts vom Küchentisch

Zwei Jura-Studentinnen erzählen „Im Gespräch“ von ihren Erfahrungen mit dem Audio-Format und mit ihren Gästen
© Lisa Marie Schultes

Was machen, wenn die Aufgabe lautet, Veranstaltungen zu organisieren, Veranstaltungen aber gerade nicht möglich sind? Am naheliegendsten wird aus einer analogen eine digitale Veranstaltung oder – ein Podcast. Letzteren Weg haben Lisa Marie Schultes und Carolin Weidner gewählt. Sie sind Mitglieder von ELSA, der „European Law Students Association“, dem europaweiten Netzwerk von Jura-Studierenden sowie Jura-Absolventinnen und -Absolventen. Beim Konstanzer ELSA-Ableger sind sie als Präsidiumsmitglieder für Events zuständig.


Frau Schultes, Frau Weidner, wie haben die Personen, die Sie normalerweise für einen Vortrag vor Ort gewinnen wollen, reagiert, als sie erfuhren, sie sollen mit Ihnen einen Podcast produzieren?

Lisa Schultes: Alle, die ich angeschrieben habe, fanden es eine tolle Idee – ob das Leute vom ELSA-Vorstand, von Kanzleien, die Partnerschaften mit ELSA pflegen, oder die beiden Professoren waren. Es war überhaupt nicht schwer, sie zu überzeugen. Es war alles neu und für alle interessant. Auch danach haben wir nur positive Rückmeldungen bekommen – dass es ihnen viel Spaß gemacht hat und dass sie jederzeit wieder zur Verfügung stehen.
 

Sie haben seit Juni 2020 genau 21 Beiträge produziert. Die Themenpallette ist beeindruckend. Es fängt an mit der Vorstellung des ELSA-Netzwerks, dann geben Sie Erstsemestern Tipps zu Staatsexamen und Referendariat, berichten über Nebenjobs im Jura-Studium und über Erasmus-Aufenthalte, sind aber auch für rein Wissenschaftliches zugänglich. Wie wählen Sie Ihre Themen aus?

Lisa Schultes: Allgemein überlegen wir uns, was uns im Studium selbst interessiert. So kann man das auch realistisch rüberbringen.

Carolin Weidner: Der Podcast ist in erster Linie an Studierende gerichtet. Wir reden viel über das Jura-Studium und suchen dazu passende Themen aus. Wir haben auch bei den Kanzleien angefragt, was für Themen sie beisteuern könnten. Bei den Professoren schauen wir, für was sie sich in ihrer Forschung besonders interessieren, und bereiten uns darauf vor.
 

Das muss ganz schön viel Arbeit sein.

Lisa Schultes: Man muss sich schon gut einlesen. Gerade bei Professor Thym war das so, weil Asylrecht im Jura-Studium bis zur Examensvorbereitung nicht so oft zur Sprache kommt. Für uns hat es großen Mehrwert, Themen zu behandeln, die in der Praxis viel Relevanz haben. Bei Professor Breuer ging es um Klimaschutz verbunden mit viel Prozessrecht. Auch das sind Themen, die im normalen Studium kaum vorkommen.

Carolin Weidner: Ist viel Arbeit, aber wir machen es gern, und es fördert den Horizont. Mittlerweile ist Tanja Jungmann noch im Podcast-Team. Es ist immer gut, wenn man mal über den Tellerrand hinausschaut und vielleicht so besser Zusammenhänge erkennt. Davon abgesehen entwickelt man auch Soft Skills, die hilfreich für die Zukunft sein können.


Apropos Kompetenzen: Wie haben Sie die Podcasts überhaupt produziert?

Lisa Schultes: Wegen Corona konnten wir uns ja nicht mit unseren Gästen in der Realität treffen. Wir haben uns mit dem Aufnahmegerät an den Küchentisch in meiner WG gesetzt, haben Video-Chats gemacht und die Leute befragt. Es war schon lustig, wenn man den schicken Hintergrund wie die Skyline von Stuttgart sieht, und wir sitzen in der WG-Küche.


Und wie haben Sie sich die Technik angeeignet?

Carolin Weidner: Eine Freundin von uns hatte ein Mikrofon, weil sie als Hobby ein bisschen singt. Dann haben wir eine App gesucht, mit der wir das Ganze schneiden können. Das haben wir uns selbst angeeignet. Dann haben wir an einem Tag die erste Folge produziert und zusammengeschnitten.

„Es war am Anfang ziemlich improvisiert. Das Mikro stand auf den Gesetzesblättern.“

Carolin Weidner, Vizepräsidentin von ELSA-Konstanz

Können Sie feststellen, wie oft Ihre Podcasts abgerufen werden?

Lisa Schultes: Wir sehen die Gesamtstatistik, können aber nicht die einzelnen Folgen unterscheiden. Von Juni bis Dezember 2020 hatten wir rund 600 Hörerinnen und Hörer. Bedenkt man, dass zu Vorträgen in Präsenz selten mehr als 20 oder 30 Leute kommen, ist das eigentlich eine ganz gute Zahl.



Bekommen Sie auch inhaltliche Rückmeldung?

Carolin Weidner: Ja, zum Beispiel haben uns ELSA-Mitglieder, die sich gerade in Examensvorbereitungen befanden, geschrieben, dass die Beiträge mit den Professoren sehr hilfreich waren. Die Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht zum Beispiel kann prinzipiell in einem Examen drankommen, aber eigentlich hat niemand Zeit, es gezielt vorzubereiten.


Wie lange brauchen Sie alles in allem für eine Folge?

Carolin Weidner: Das ist ganz unterschiedlich. Mit den Professoren und Kanzleien mussten wir uns intensiver vorbereiten, als wenn wir über das Erasmus-Programm oder über das erste Staatsexamen informieren. Dafür müssen wir bei den Gästen, die wir persönlich gut kennen, mehr rausschneiden, weil man mehr abschweift und über Dinge redet, die nicht in den Podcast reingehören.


Sind Sie die einzigen bei ELSA, die so etwas machen?

Lisa Schultes: Zumindest waren wir die ersten. Mittlerweile hat die Idee Anklang gefunden, und es gibt andere Lokalgruppen, die das Konzept übernommen haben. Der Vorteil von Podcasts ist, dass sie von jeder und jedem jederzeit und überall angehört werden können.

Gerade weil das ELSA-Netzwerk weltweit aktiv ist, haben wir von überall her Zuhörerinnen und Zuhörer. Zum Beispiel gibt es in Italien eine ELSA-Gruppe, die hören uns, um Deutsch zu lernen.

Maria Schorpp

Von Maria Schorpp - 23.03.2021