Ziel 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern


Das zehnte der 17 globalen Ziele der UN für eine nachhaltige Entwicklung strebt die Verringerung von Ungleichheit innerhalb von und zwischen Ländern an. Das Thema Ungleichheit hat in den letzten Jahren in gesellschaftlichen wie wissenschaftlichen Debatten enorm an Bedeutung gewonnen. In den wirtschaftlich entwickelten westlichen Demokratien hat die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen in den letzten Jahrzehnten teilweise drastisch zugenommen. Technologischer Wandel in der Arbeitswelt und die wirtschaftliche Globalisierung haben die Polarisierung von Arbeitsmarkt-, Bildungs- und damit auch Lebenschancen vorangetrieben. Wie kann sozialwissenschaftliche Forschung zu Lösungen beitragen?

Im Cluster „The Politics of Inequality“, den wir 2019 an der Universität Konstanz eingerichtet haben, wird das Phänomen Ungleichheit aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven erforscht. Ein erster wichtiger Beitrag besteht natürlich darin, die Ursachen von Ungleichheit zu identifizieren. Hier sind dank der besseren Verfügbarkeit von Daten in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht worden. So zeigt sich, dass neben Globalisierung und der technologischen Veränderung auch sozialer Wandel eine Rolle spielt, insbesondere die sich verändernden Familienstrukturen. Hinzu kommen politische Ursachen wie der zurückgehende Einfluss von Gewerkschaften, aber auch Entscheidungen wie die Liberalisierung von Produkt-, Finanz- und Dienstleistungsmärkten und die Deregulierung des Arbeitsmarktes.

Ein zweiter, womöglich noch wichtigerer Beitrag sozialwissenschaftlicher Forschung ist, politische, soziale und ökonomische Hindernisse zu identifizieren, die eine Umsetzung von Politik verhindern, die Ungleichheit reduzieren würde. Ein Beispiel für ein solches Umsetzungshindernis ist der Widerstand etablierter Interessen (im Englischen: „vested interests“) gegen Reformmaßnahmen. Aus der Bildungsforschung ist etwa bekannt, dass gegliederte Schulsysteme mit einer starken Trennung in unterschiedliche Schularten (Gymnasium, Realschule, Hauptschule) Ungleichheiten tendenziell verstärken. Dennoch gibt es oft erheblichen Widerstand aus Lehrer-, Schüler- und Elternschaft gegen eine flächendeckende Einführung von Gemeinschafts- oder Gesamtschulen. An dieser Stelle kann und sollte die Wissenschaft politische Akteure unterstützen und beraten, wie genau ungleichheitsreduzierende Reformmaßnahmen so umgesetzt werden können, dass möglichst alle Betroffenen mitgenommen werden können. Diese und ähnliche Beratungsleistungen zu erbringen, ist eines der zentralen und expliziten Ziele des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“.

Prof. Dr. Marius R. Busemeyer ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz und Sprecher des Exzellenzclusters „The Politics of Inequality“. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit vergleichender politischer Ökonomie und Sozialstaatsforschung, und hier besonders mit Bildungs- und Sozialpolitik sowie öffentlichen Ausgaben. Außerdem befasst er sich mit Theorien institutionellen Wandels und in jüngster Zeit verstärkt mit der Erforschung der öffentlichen Meinung über sozialstaatliches Handeln. 2015 erhielt Marius R. Busemeyer den Stein Rokkan Preis für sein Buch „Skills and Inequality“.


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Prof. Dr. Marius R. Busemeyer

Von Prof. Dr. Marius R. Busemeyer - 14.05.2020

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