„Ohne Idealismus geht es nicht“

Mehr Transfer – dieser Wunsch wird seit einigen Jahren immer häufiger an Hochschulen und andere Forschungsinstitute herangetragen. Doch Transferprojekte entwickeln oft eine Eigendynamik, die sich nicht planen lässt. Ein Interview mit Kirsten Mahlke

Die digitale Lernanwendung „Todesnachrichten verantwortungsvoll überbringen“ war Kirsten Mahlkes erstes Transferprojekt. In den darauffolgenden Jahren initiierte sie die Vortragsreihe „Blut und Tinte. Medizin und Literatur im Gespräch“ in Kooperation mit der Charité Berlin und bot im Rahmen von „Transfer Lehre“ ein Seminar über den Wandel der Geburtshilfe gemeinsam mit Hebammen an. Welche Erfahrungen hat sie mit Transfer gemacht?

Was reizt Sie an Transferprojekten?

Kirsten Mahlke: Als Kulturwissenschaftlerin kann man keine bessere Grundsatz-Kritik an den Dingen erfahren, die man tut, als wenn man sie an Orte trägt, wo diese Fragen relevant sind, und zwar im täglichen Umgang relevant.

Wie bringt Sie das in Ihrer Forschung weiter?

Es geht nicht schneller. Auf keinen Fall verläuft irgendein Projekt durch außerakademische Kooperationen oder den Transfer leichter oder schneller, sondern es ist eigentlich immer erst einmal ein schroffes Anhalten. Das wiederum bewirkt ein Innehalten und möglicherweise Neuformulieren der Forschungsfrage und ein Neukonturieren des Gegenstandes. Wenn Forschung gesellschaftsrelevante Fragen berührt, sollte sie im Idealfall auf der Grundlage eines partizipativen Dialogs generiert werden. Also als partizipative Wissenschaft und nicht in irgendeiner Form isoliert oder im Elfenbeinturm.

Was bedeutet es, sich auf einen partizipativen Dialog einzulassen?

Das bedeutet tatsächlich, hinter die reinen Forschungsstrategien und die Zeitpläne, die man sich vorgenommen hat, immer gleich drei Fragezeichen zu setzen. Man kann sich zwar vorab auf einige Schwierigkeiten einstellen, aber man begegnet immer anderen Schwierigkeiten als den erwarteten.

Was erfordern Transferprojekte von den Forschenden?

Es braucht da viel Fingerspitzengefühl, viel Geduld, viel Frustrationstoleranz. Aber es gibt auch die Momente, in denen eine echte Zusammenarbeit oder eine echte Verständigung gelingt, wenn man sich an einem Punkt wirklich berührt. Das ist nicht die Regel, sondern es sind einzelne Momente, an denen man merkt, das lohnt sich. Sie helfen, die langen Durststrecken und Frustrationen zu ertragen.

Für ein gesellschaftlich engagiertes Projekt ist wohl ein ganzes Stück Idealismus nötig?

Ja, selbstverständlich. Ohne Idealismus geht es nicht, gar nicht.
 

Marion Voigtmann

Von Marion Voigtmann - 21.10.2024

Verwandte Artikel: